Rezension „Du wolltest es doch“, Louise O’Neill

Ist euch schon einmal etwas Schreckliches passiert und niemand wollte es euch glauben? Unvorstellbar? Aber leider viel zu häufig der Fall, vor allem wenn es um Vergewaltigungen geht.

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Buch Informationen

  • Titel: Du wolltest es doch
  • Autor: Louise O’Neill
  • Verlag: Carlsen
  • ISBN: 978-3-551-58386-4
  • Alter: ab 16
  • Seiten: 368

Worum geht es?

Emma ist hübsch und beliebt, eigentlich sogar schon das perfekte It-Girl. Sie legt es immer wieder darauf an im Mittelpunkt zu stehen und genießt in vollen Zügen die Aufmerksamkeit. Dennoch gibt sie sich die Mühe, nicht arrogant und eingebildet rüber zu kommen, obwohl sie es in Wirklichkeit ist.

Nach einer Party wacht sie auf und kann sich an nichts mehr erinnern. Nur die Bilder erzählen eine Geschichte, die sie aber nicht glauben will. Ihr Leben ändert sich rapide und plötzlich wird sie zum Mittelpunkt, dass sie aber eigentlich nicht mehr sein will.

Meine Meinung:

Titel und Cover:

„Du wolltest es doch“ ist ein Titel, der es schon ziemlich deutlich macht, worum es geht und das Cover, mit den nackten Beinen einer Frau, auf dem in rot drauf steht „Du wolltest es doch“ lässt kaum Raum für Fantasien. Schon im ersten Augenblick als ich dieses Buch gesehen habe, standen mir die Haare ab und ich bekam eine Gänsehaut nachdem ich den Klappentext gelesen habe.

Schreibstil:

Ich hatte vor allem in den ersten ein bis zwei Kapiteln große Schwierigkeiten mit dem Schreibstil der Autorin. Plötzlich sind da so viele Charaktere, die man gar nicht so richtig zu Ordnen kann. Viele Dialoge, zwischen durch noch Flashbacks und innere Monologe, die in Klammern gesetzt wurden, machten es kaum möglich der Geschichte zu folgen. Doch sie machten deutlich, dass die Hauptprotagonistin, Emma, zurück an diese Momente dachte, und dass es sich um ihre Erinnerungen handelt. Das fand ich wiederum sehr gut. Vor allem da ich später dann verstand welchen Sinn es hatte die Geschichte so zu schreiben.

Die Kapitel sind auch nicht ganz klassisch gestaltet worden. Statt einer typischen Nummerierung, bestehen die Kapitel aus ganzen Tagen (Freitag, Samstag u.s.w.), dass macht die Kapitel auch unheimlich lang und gibt dem Leser vielleicht auch das Gefühl es würde sich ziehen. Doch meiner Meinung nach steht dahinter auch eine Absicht der Autorin und zwar dem Leser zu zeigen wie unglaublich lange der Tag für Emma sein muss.

Zwar musste ich das erste Kapitel zwei Mal lesen, aber ich verstehe, warum alles so geschrieben ist, wie es geschrieben wurde.

Inhalt:

Zuerst erzählt Emma von der Zeit bevor „es“ geschehen ist. Sie war ein glückliches Mädchen hübsch, beliebt und hatte gute Noten. Sie liebte es ihren Freundinnen die Show zu stehlen. Sie ist sich ihres guten Aussehens bewusst und versucht deshalb krampfhaft so zu wirken, als wäre sie nicht arrogant oder gar eingebildet. Sie will gemocht werden und das am besten von allen.

Bei einer Party versucht sie dann einen „Kerl“ zu beeindrucken, trinkt viel und nimmt sogar Drogen um sich als „cool“ zu beweisen. Doch der Schuss geht komplett nach hinten los, als sie bewusstlos von ihren Eltern vor dem Haus gefunden wird.

Plötzlich wenden sich ihre Freunde von ihr ab. Keiner lacht mehr über ihre Witze und es tauchen Bilder auf die einen Verdacht in den Raum werfen. Vier Jungs, mit denen sie quasi aufgewachsen ist, sind mit ihr auf diesen Bildern zu sehen und machen unaussprechliche Dinge mit ihrem bewusstlosen Körper. Sie selbst kann sich an nichts erinnern.

Um die Jungs zu schützen und weil sie ihr Leben nicht „zerstören“ will, lügt sie und behauptet es wäre alles gestellt, doch der Staat erhebt trotzdem Anklage in ihrem Namen. Die Stadt hat sich schon bereits gegen sie gewendet und sagen Dinge wie:

„Röcke, knapp bis unter den Po, Tops, die bis zum Bauchnabel ausgeschnitten sind, und alle trinken sie viel zu viel und stolpern besoffen durch die Straßen. Diese Mädchen legen es darauf an, dass irgendwelche Kerle über sie herfallen, und dann kriegen sie das große Heulen.(…) Was erwarten sie denn?“

(vgl. „Du wolltest es doch“, Louise O’Neill S.196)

Man gibt ihr die Schuld. Sie habe sich aufreizend gekleidet und Alkohol getrunken, dass wäre quasi der Freifahrt schein und sie hat es nicht anders gewollt. Für jeden normalen Menschenverstand müsste das doch sowas von absurd klingen, doch so scheint es nicht zu sein.

Emma fällt in tiefe Depressionen und will eigentlich nur noch das alles endet. Zwar ändert sie ihre Aussage bei der Polizei und gibt an sie könne sich nicht mehr erinnern doch, die Stadt ist bereits voreingenommen. Sogar die Polizei. Natürlich wird Balinatoom, der Ort des Geschehens als eine klein Stadt bezeichnet, dennoch kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass Menschen in der heutigen Zeit noch so denken.

Das was mich wohl am schlimmsten getroffen hat waren die Reaktionen von Emma’s Eltern. Statt ihrer Tochter zu glauben und ihr bei zu stehen, machen sie ihr Vorwürfe und nehmen die Jungs in Schutz, die ja aus ach so guten Familien stammen und doch ach so anständig sind. Nur ihr Bruder steht ihr bei und versucht alles in seiner Macht zu tun, um sie zu schützen.

Fazit:

Dieses Buch erzählt die Geschichte eines gebrochenen Mädchens, dessen Leben sich so abrupt geändert hat. Sie lebt ich einer Gesellschaft, die ihre Urteile danach richtet, wie sich ein Mädchen kleidet oder wie der Ruf eines anderen ist. Einer der Väter der Jungs ist Arzt und der andere ist Anwalt mit Sitz in Balinatoom. Es wäre unvorstellbar, wenn ein Junge aus so einer perfekten Familie solch eine Schandtat begangen hätte. Die Gesellschaft will Beweise, dass diese Jungs schuldig sind, doch sie haben Emma bereits verurteilt, ohne auf die Beweise für ihre Unschuld abzuwarten.

Emma wird Online und auch im echten Leben so terrorisiert, dass sie sogar wirklich beginnt zu glauben sie wäre an allem schuld. Sie glaubt sie zerstört das Leben ihrer Peiniger, sie glaubt sie ist der Grund für den Zusammenbruch ihrer Mutter. Sie glaubt, dass was die Gesellschaft ihr versucht einzutrichtern, dass sie selbst schuld ist. Sie verliert immer mehr die Kraft zu leben, kann nur mit Schlaftabletten schlafen und hat immer nur diese Bilder vor Augen.

Louise O’Neill erzählt eine Geschichte über die zu wenig gesprochen wird, Victim Blaming und Slut Shaming. Eine Geschichte die viel zu oft kein gutes Ende hat, denn es ist leider wahr, dass die Verurteilungsquote in solchen Fällen viel zu selten ist. Oft gibt das Opfer letztendlich auf, weil es beim Prozess, diese Vergewaltigung quasi noch einmal über sich ergehen lassen muss. Schaut euch Law&Order Special Victims an, da wird es vor allem in den Kreuzverhören super dargestellt.

Frauen denen so was passiert haben Angst, dass man ihr nicht glaubt und das Buch zeigt viel zu deutlich woher diese Ängste stammen.

Deshalb wünsche ich allen Emma’s dort draußen die Kraft zu kämpfen und zwar bis zum Ende. Sucht euch Hilfe und tauscht euch mit gleich gesinnten aus. Das System lässt es leider noch zu oft zu, dass die Gerechten verlieren, doch wenn ihr nicht kämpft, dann ist der Kampf schon verloren. Vorbilder wie Emma Watson die stark für euch kämpfen, zum Beispiel unter dem #metoo können vielleicht euch die Nötige kraft geben.

Bitte lest dieses Buch es ist so wichtig! Es hat mir solche Bauchschmerzen bereitet, aber ich bin so froh es gelesen zu haben!

Schreibstil: 5/5

Inhalt: 5/5

Cvover: 5/5

Gesamt: 5/5

 

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